Nachgefragt: Dynamo Windrad

Vor einem Jahr wurden wir kontaktiert und gefragt, ob wir den VfB Film “Zwischen Himmel und Hölle” bei Dynamo Windrad zeigen und etwas über die Szene in  Oldenburg erzählen können. Ein Mitglied unseres Vereins machte sich daraufhin auf nach Kassel und lernte dort viele, nette Menschen und einen sympatischen Verein kennen, der euch an dieser Stelle näher vorgestellt werden soll. Max war so freundlich, um uns unsere  Fragen zu beantworten.

Max

Moin Max! Schön, dass du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen für uns zu beantworten. Wie geht es dir und womit verbringst du gerade deine Zeit?

Moin und danke der Nachfrage – mir geht es gut und auch in meinem direkten Umfeld ist aktuell glücklicherweise alles im Lot. Natürlich hat die aktuelle Situation einiges verändert, was meinen Tag angeht. Mit dem immer gleichen „aber alles hat ja auch seine guten Seiten“ mag ich gar nicht anfangen. Allerdings habe ich einige coole Beschäftigungen für mich entdeckt. Die Dynamo-Fanshirts werden jetzt beispielsweise von mir auf dem Dachboden selbst gedruckt. Ansonsten – ein bisschen malen, ein bisschen Uni, ein bisschen Sport. Was halt so geht.

Du hattest uns im letzten Jahr kontaktiert, weil du den Film „Zwischen Himmel und Hölle“ bei euch zeigen wolltest. Wie bist du auf uns aufmerksam geworden?

Als unser Verein durch den abgeschlossenen Umbau unseres Sportgeländes endlich wieder einen Raum zum Austausch bieten konnte, war klar, dass wir den auch nutzen wollen. Also haben wir zum Einstieg eine Veranstaltungsreihe geplant, in der wir versucht haben, möglichst viel zum Thema Fußball und was mit ihm einhergeht zu zeigen. Immer nur Vorträge zu veranstalten, in denen gezeigt wird, bei welchen Vereinen die ekelhaftesten Fanszenen aktiv sind und wo welcher Spieler oder Verband wie antisemitisch agiert hat, ist natürlich wichtig und richtig, würde aber auch ein verzerrtes Bild wiedergeben. Als unsere frisch entstandene kleine Fanszene sich da etwas schlau gemacht hat, kamen wir über vergangene Facebookveranstaltungen dann auf den Film. Nachdem wir die Beschreibung gelesen hatten, war klar, dass er vermutlich gut ins Konzept passt. Und damit sollten wir ja recht behalten!

Und wie hat dir der Film gefallen? Welchen Eindruck hast du von der Oldenburger Fanszene?

Tja, was soll ich sagen? Den Film fand ich klasse. Eindruck der Szene: sehr cool. Natürlich bekomme ich aber auch mit, dass es immer wieder Probleme mit dem Verein gibt. Das ist immer wieder schade, wenn da kein guter Einklang herrscht. Aus ähnlichen Gründen haben zwei von uns auch bei dem „Finale of love“ mitgespielt, das von den Fans von Tennis Borussia Berlin letztes Jahr veranstaltet wurde. Ein Besuch in Oldenburg war bisher ja leider nicht möglich, auch wenn es tatsächlich drei mal geplant war. Aber irgendwann ist der Scheiß auch Geschichte und dann sehen wir uns!

Du bist bei Dynamo Windrad Kassel aktiv. Erzähle uns doch mal ein bisschen über die Geschichte des Vereins und was das besondere an ihm ist…

Dynamo wurde 1982 in Kassel gegründet. Einige Freizeitsportler*innen wollten gerne auf einem richtigen Fußballplatz spielen und am Punktspielbetrieb teilhaben. Hierfür brauchte es allerdings einen Verein. Ein uralter Bericht sagt hierzu: „ der Vereinsname war schnell gefunden – ein Bisschen links waren sie, also Dynamo, alternativ auch, also Windrad“. Dieser Name passte dem DFB allerdings nicht, weil er an die Gepflogenheiten des Ostblocks erinnere. Abzurücken war natürlich keine Option, also wurden sie kreativ. Andere Vereine, wie der SC Königstor, wurden gegründet. Zufälligerweise stand auf den Trikots beim ersten Spiel Dynamo Windrad. Selbstverständlich sollte dem ein Riegel vorgeschoben werden. Was die Funktionäre jedoch erfahren mussten: der Aufdruck stellte nicht den Vereinsnamen dar, sondern einen Sponsor. Das offizielle Dynamo Windrad einer jüngst in Kassel gegründeten Firma wurde hier beworben. Und so gingen die Streitigkeiten durch alle möglichen Instanzen, mit unzähligen kreativen Aktionen, bis der Name in 1990 gestattet wurde. Dieser Sieg wurde für manche zum Anlass genommen, über die Schließung des Vereins zu debattieren. Was sollte noch gewonnen werden? Zum Glück wurde sich dagegen entschieden und wir können heute unsere Arbeit fortführen. Wenn ich traurig bin, stelle ich mir manchmal Wolfgang Niersbach vor, wie er, die Zähne knirschend, an 1990 zurückdenkt. Schön.

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Wie gestaltet sich das Vereinsleben in Zeiten von Corona? Hättet ihr gegebenenfalls Interesse, mal ein Spiel gegen ein VfB Team zu bestreiten, sobald dies wieder möglich ist?

Natürlich ist gerade alles etwas ruhiger. Seit dieser Woche dürfen wir den Platz aber wieder für Individualsport öffnen, zur großen Freude der ansässigen Kids, die endlich wieder um den Rasensprenkler hüpfen können. Vielleicht sind bald ja wieder Spiele möglich, dann sind alle vom VfB herzlich willkommen. Das Team müsste nur versprechen, sehr gnädig zu sein. Zwischen Fußballspielen und Fußballspielen können liegt nämlich ein gewaltiger Unterschied.

Im Juni wärst du bei uns im Marschwegstadion zu Gast gewesen, um die Premiere des Films „Sonntag Morgen. Linien ziehen“ bei unserem Filmfestival zu zeigen, welches nun bis auf Weiteres erst einmal verschoben wird. Wie kam die Idee zu dem Film zustande und was hätte uns erwartet?

Die Idee für eine Dokumentation ist sehr alt. Einer der Vorteile der jungen Vereinsgeschichte ist natürlich, dass die Suche nach Zeitzeugen nicht sehr aufwendig ist. Eigentlich muss ich nur einmal über meine Schulter sehen. Ein heute erfolgreicher Filmemacher hat sich allerdings schon in den 90ern dran gemacht. Für mich als Hobby-Filmer natürlich eine super Basis, um den Werdegang des Vereins und seines Umfelds aufzuzeigen. Vieles hat sich verändert – manches zum Guten, manches Gute von früher ist allerdings auch eingeschlafen. Auf jeden Fall handelt es sich bei Dynamo Windrad nicht nur um irgendeinen Verein. Wer darüber mehr erfahren mag, sollte sich vielleicht noch bis nächstes Jahr gedulden, weil viele Veranstaltungen abgesagt werden mussten, die noch Teil der Doku werden sollten. Die dreiseitige Fußball-WM in London etwa, oder unser letztes Heimspiel mit großer Party. Wer sich nächstes Jahr in Oldenburg auf der Leinwand sehen möchte, kann gerne die Augen für die Nachholveranstaltung offen halten.

Mit deiner Band „Pep im Kühlschrank“ bist du vor einiger Zeit im Oldenburger Alhambra aufgetreten. Welche Erinnerungen hast du an das Konzert und an den Laden?

War ein geiles Konzert. Besonders an Konzerten im Norden mag ich den einen Punk, der uns immer Keta im Eisfach nennt, irgendwie immer da ist und durch scharfe Analysen wie „Boa Diggä Kassel? Ey Kassler Berge ne raaauuuf ruuuunter raaauf ruuunter“ von sich reden macht. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch der geile Schlafboden, in dem wir uns stundenlang nach dem Konzert in alter Klassenfahrtmanier Gruselgeschichten erzählt haben. Am nächsten Tag ging es dann nach Schillig oder so. Kleine Ausflüge gehören bei uns dazu. Das Konzert war im tiefsten Winter, unser Drummer hat es sich dennoch nicht nehmen lassen, seine Füße im Meer zu baden. Neben den eingefrorenen Pfützen. Seine Zehen habe ich seither nicht mehr bewusst gesehen. Ob sie noch dran sind, kann ich also nicht beurteilen.

Gibt es noch etwas, das du anderen VfB Fans mitteilen möchtest?

Keep on going – wir sind heiß auf einen Besuch. Euch bei anderen Vereinen zu treffen, war immer eine Freude! Vielen Dank für das Interview und bleib gesund! Danke zurück und ihr auch!

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