Vorgestellt: Greta Prätsch

Seit Anfang diesen Monats gibt es in Oldenburg wieder ein offizielles Fanprojekt, welches wir an dieser Stelle genauer vorstellen möchten. Den Anfang macht die neue Mitarbeiterin Greta Prätsch. In einem weiteren Interview werden wir zeitnah auch ihren Kollegen an dieser Stelle vorstellen. Viel Spaß beim Lesen!

Lichtbild Greta Prätsch, FP OldenburgMoin Greta! Schön dass du dich dazu entschieden hast, die Stelle als Sozialarbeiterin für das neue Fanprojekt in Oldenburg anzutreten. Stell dich doch zunächst einmal kurz vor.

 

Mein Name ist Greta Prätsch, ich bin 23 Jahre alt und studierte Sonderpädagogin. Seit dem 1. Mai arbeite ich nun als Sozialarbeiterin im Fanprojekt der Stadt Oldenburg.

 

Was hat dich dazu motiviert, dich auf die Stelle zu bewerben und welche Bezüge hast du zum VfB Oldenburg?

 

Ich habe die Stellenanzeige zufällig im Internet entdeckt. Die Bewerbung habe ich noch am gleichen Tag fertig gemacht und weggeschickt. Zu dem Zeitpunkt befand ich mich kurz vor meinem Bachelorabschluss und hatte bereits für mich beschlossen, dass ich mich beruflich in Richtung der Sozialarbeit entwickeln und daher auch bewerben möchte. Der Job hat mich direkt angesprochen, weil ich selbst 10 Jahre aktiv im Verein und aktuell in der „Bunten Liga“ Fußball gespielt habe bzw. spiele. Außerdem bin ich seitdem ich denken kann regelmäßig in Fußballstadien unterwegs. Kurz gesagt: ich liebe den Sport einfach. Da hat mich die Möglichkeit, mein Hobby ein Stück weit zum Beruf zu machen, natürlich gereizt.

 

Mit dem VfB Oldenburg bin ich quasi –wenn auch passiv- aufgewachsen. Meine Eltern haben lange in Oldenburg gelebt, ich selbst bin auch hier geboren. Mein Vater ist großer Fußballfan und hat den VfB immer sehr unterstützt. Schon als ich ein Kind war, hat er mir Geschichten über „die Hölle des Nordens“ und allgemein vom VfB erzählt. Insofern bin ich dem Verein und der Stadt schon mein Leben lang verbunden, unter anderem auch deshalb bin ich vor vier Jahren für das Studium nach Oldenburg gezogen.

 

Wozu braucht ein Regionalligist, der kaum Berührungspunkte mit anderen Fanszenen hat, ein Fanprojekt?

 

Die Oldenburger Fanszene sticht quantitativ im Vergleich zu anderen Regionalligisten sehr hervor. Dass die Gastmannschaft mit einem Reisebus voller Fans anreist, ist nicht die Regel. Das ist auf jeden Fall einer der Gründe, wieso ein Fanprojekt sinnvoll erscheint. Außerdem gibt es unabhängig von Fanszenen anderer Vereine genug Berührungs- und potentiell auch Konfliktpunkte mit der Polizei, Security-Mitarbeitern, im Verein selbst und auch innerhalb der Fanszene des VfB. Auch hier kann ein Fanprojekt unterstützend und/oder vermittelnd agieren. Außerdem gibt es bezüglich der Berührungspunkte mit anderen Fanszenen auch Ausnahmen, um mit Meppen (evtl. im Pokal) und Lübeck nur zwei (potentielle) Gegner zu nennen.

 

Was sind zukünftig deine Aufgaben und was hast du dir bis Ende des Jahres vorgenommen?

 

Jetzt im Mai bin ich aktuell dabei, erstmal einen Einblick in die Fan- und Ultra Szene des VfB Oldenburg zu gewinnen und hier das Fundament für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu legen. Dafür habe ich die letzten Spieltage der Saison, Besuche bei der OFI oder auch das letzte Fantreffen in der Freizeitstätte Bürgerfelde genutzt und ich denke, dass ich hier auf einem guten Weg bin. Auch mit Raimund Kropp habe ich mich bereits intensiv ausgetauscht. Außerdem vernetze ich mich momentan mit sämtlichen Freizeiteinrichtungen im Stadtgebiet, um auf das Fanprojekt aufmerksam zu machen und den Grundstein für eine zukünftig vernetzte und kooperative Arbeit innerhalb Oldenburgs zu legen. Auch Termine mit anderen Institutionen und Fanprojekten hatte ich bereits, die alle sehr erfolgreich für das Projekt verliefen. Ab Juni bekomme ich nun auch einen Kollegen und von da an gibt es viele Aufgaben organisatorischer Natur zu regeln. In den nächsten Monaten wollen wir die Räumlichkeiten in der von-Finkh-Str. 1 fertig einrichten. Dort wird es auch einen Freizeitraum für Fans geben, in welchem wir Freizeitaktivitäten im Bereich des Fußballs anbieten möchten und den wir gerne zur Verfügung stellen. Ebenso werden wir Beratungen in Form von Einzelfallhilfen anbieten, bei denen es auch um persönliche Themen und Anliegen gehen kann. Bis Ende des Jahres soll ein Fanprojekt-Beirat initiiert werden, um alle am Fanprojekt Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Generell werden wir in den nächsten Wochen und Monaten vermehrt Öffentlichkeitsarbeit leisten, um auf das Projekt aufmerksam zu machen.

 

Welche Themen sind dir persönlich wichtig?

 

Mir persönlich ist es ein Anliegen, die positiven Facetten der Fan- und Ultrakultur zu unterstützen und gleichzeitig präventiv oder auch aktiv gegen Diskriminierung und Gewalt jeglicher Art in der Fanszene des VfB Oldenburg und darüber hinaus vorzugehen. Ich denke, dass die Fans einen wichtigen Bestandteil des Fußballs allgemein und im Speziellen auch für den Verein darstellen, den es zu unterstützen und zu schützen gilt. Dabei ist es mir auch wichtig, unter die Leute zu gehen und auf eine persönliche Ebene zu kommen.

 

Wie wird das neue Fanprojekt finanziert?

 

Das Fanprojekt Oldenburg wird von der Stadt Oldenburg, dem Land Niedersachsen und dem DFB finanziert.

 

Das Fanprojekt wird unseren Kenntnissen zufolge von der Stadt Oldenburg und nicht von einer freien Trägerin getragen. Inwiefern siehst du hier Chancen aber auch Probleme?

 

Das ist richtig, Träger des Projekts ist die Stadt Oldenburg. Chancen sehe ich vor allem bezüglich der Ressourcen, die die Stadt Oldenburg, aber auch ein/e Angestellte/r im öffentlichen Dienst hat. Ich glaube, vor allem jetzt in der Anfangszeit ist es einfacher und effizienter möglich erfolgreiche Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, weil Kontakte zu sozialen Einrichtungen und der Presse bereits bestehen und nicht erst neu geknüpft werden müssen. Außerdem verfügt die Stadt über Büroräume, Dienstautos und weitere Räumlichkeiten, die genutzt werden können. Das alles müsste sich ein neu gegründetes Fanprojekt über einen freien Träger erst „erarbeiten“. Problematisch ist manchmal der gewisse Status, der mitschwingt, wenn man im öffentlichen Dienst angestellt ist. Viele Menschen im Allgemeinen und auch manche Fans haben hier eher negative Vorurteile, betrachten einen eher wie eine Art Ordnungsdienst. Das sind wir vom Fanprojekt aber definitiv nicht. Ansonsten sind die Wege im Amt natürlich oftmals etwas lang und aufwendig bezüglich möglicher Anträge und Formulare. Das kann manchmal nervig sein, hat wiederum aber auch Vorteile. Allgemein sollte an dieser Stelle betont werden, dass sich alle an der Gründung des Fanprojekt Oldenburgs beteiligten Parteien (unter anderem Raimund Kropp, Teile der OFI, Präventionsrat Oldenburg usw.) für eine Trägerschaft der Stadt Oldenburg ausgesprochen haben, auch um eine größtmögliche Neutralität des Projekts zu garantieren.

 

Seit Anfang Mai bist du bei Spielen und Veranstaltungen des VfB Oldenburg zugegen. Welchen Eindruck hast du bislang vom VfB und seiner Fanszene?

 

Im Allgemeinen habe ich einen sehr guten ersten Eindruck von der Oldenburger Fanszene. Ich habe das Gefühl, dass der Großteil der Fans um die OFI herum sehr offen und aufgeschlossen ist. Innerhalb der Szene und der Ultra-Gruppen untereinander herrscht eine fast schon familiäre Atmosphäre, das finde ich sehr schön. Auch ich als Externe wurde von den meisten Fans zwar mit einer gewissen Skepsis, aber einer offenen Grundhaltung begrüßt. Das freut mich sehr und ich hoffe, dass ich das auf Dauer mit meiner Arbeit zurückzahlen kann. Allgemein muss positiv erwähnt werden, wie treu viele VfB Fans ihrem Verein gegenüber sind, trotz sportlicher Misserfolge und vereinsinternen Schwierigkeiten in den letzten Jahren und Jahrzehnten.

Dennoch habe ich auch wahrgenommen, dass es unter den Fan- und Ultra-Gruppen Unstimmigkeiten und Probleme gab/gibt und dass die Zuschauerzahlen allgemein rückläufig sind. Das sind natürlich negative Aspekte. Auch zwischen Fans und dem Verein gibt es anscheinend Probleme und eine Unzufriedenheit der Fans darüber, wie von Seiten des Vereins mit ihnen umgegangen wird.

 

Wie läuft die Zusammenarbeit mit unserem Fanbeauftragten Raimund Kropp?

 

Sehr gut, würde ich sagen. Raimund hat mir die „Einarbeitungsphase“ sehr erleichtert. Er hat mir große Teile der Fans und Verantwortlichen beim VfB vorgestellt und konnte mir einen ersten Einblick in den Verein und die Fanszene geben. Darüber hinaus vermittelt er mir viele Kontakte und hält mich darüber auf dem Laufenden, was momentan so im Verein und an der Schnittstelle zwischen Verein und Fans los ist. Ich denke, wir werden auch weiterhin eng zusammenarbeiten und zur neuen Saison hin wird das Fanprojekt Raimund ein paar Aufgaben abnehmen.

 

Mit wem hast du dich bislang vernetzen können?

 

Ich war in fast allen Freizeitstätten in Oldenburg und habe darüber hinaus Gemeinwesenarbeiten besucht, um das Projekt vorzustellen. Außerdem habe ich eine Kooperation mit Konfliktschlichtung e.V. aufgebaut. Konfliktschlichtung e.V. bietet Mediationen, Moderationen und Hilfe zur Schlichtung bei Streitigkeiten an. Des Weiteren haben alle VfB Fans dort die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs, sollten sie Opfer einer Straftat geworden sein, oder sollten sie selbst eine Straftat begonnen haben. Ich habe Kontakt zu anderen Fanprojekten in Niedersachsen, im Fanprojekt Bremen war ich auch schon zu Besuch. Weitere Termine mit dem Stadtsportbund, dem Präventionsrat Oldenburgs, dem VfB für alle und mit FugDis (Fußballfreund*innen gegen Diskriminierung) werden folgen.

 

Einhergehend mit personellen Veränderungen und der Ausgliederung der Ersten Fußball Mannschaft in eine GmbH (auch wenn diese als solche nicht bezeichnet wird sondern vom „Oldenburger Modell“ die Rede ist) hat sich die Kommunikation zwischen Fans und Verantwortlichen deutlich verschlechtert. Hinzu kamen politische Konflikte, die wir schweren Herzens und nach langen internen und kontroversen Diskussionen in einer Stellungnahme („Neutralität in Zeichen des Rechtsrucks“) öffentlich gemacht haben. Teile des Vereinsvorstandes zeigen sich seitdem deutlich bemüht, mit den Fans wieder in einen Dialog zu treten, was wir sehr wert schätzen. Andere widerum (die eine nicht unbedeutende Rolle beim VfB sowie der GmbH einnehmen), halten sich nach wie vor zurück. Wie läuft deine bisherige Zusammenarbeit mit dem VfB und welche Schritte und Maßnahmen möchtest du einleiten, um das Verhältnis zwischen Fans und dem VfB Oldenburg wieder zu verbessern?

Die bisherige Zusammenarbeit mit dem VfB beschränkt sich hauptsächlich auf die Zusammenarbeit mit Raimund Kropp. Das ist auch bewusst so passiert, ein offizielles Vorstellen des Fanprojekts vereinsintern wird erst erfolgen, wenn mein neuer Kollege dabei und etwas eingearbeitet ist. Das sollte aber in der nächsten Zeit der Fall sein, im besten Fall noch vor Beginn der neuen Saison.

Dass es Spannungen zwischen den Fans und dem Verein gibt, habe ich natürlich bereits wahrgenommen und auch erste Gespräche mit einzelnen Fans zu diesem Thema geführt. Ich kann mich derzeit aber noch nicht wirklich dazu äußern, einfach weil ich diesbezüglich ein Gespräch mit dem Vorstand abwarten möchte und in der nächsten Zeit auch weiterhin das Gespräch mit den Fans und Ultras zu diesem Thema suchen werde, um mir verschiedene Meinungen einzuholen. Ich bin momentan noch dabei das Projekt aufzubauen, eine differenzierte Stellungnahme ist daher zum jetzigen Zeitpunkt kaum möglich. Ich kann aber versichern, dass mein Kollege und ich uns dem Thema annehmen und die Interessen der Fans vertreten werden. Der erste konkrete Schritt bezüglich des Konflikts wird dann das Gespräch mit dem Vorstand sein. Danach sehen wir weiter. Generell tritt das Fanprojekt in solchen Fällen als vermittelnde Instanz auf und ist auch dem Verein gegenüber neutral eingestellt.

 

Greta, vielen lieben Dank dir für die Beantwortung unserer Fragen. Wir wünschen dir alles Gute und freuen uns auf eine tolle Zusammenarbeit mit dir!